marcella berger
 
 

 

 

 

 


Power Slide

 

 

Wenn der weißgraue Nebel in der Talsenke einen Stich ins Blaue bekam, und das war um diese Jahreszeit schon kurz nach dem Mittagessen der Fall, stieg er in seinen Wagen. Sobald er den Zündschlüssel umdrehte und der Motor mit diesem satten Blubbern und Brodeln ansprang, fühlte er sich besser.
Er trat das Gaspedal im Leerlauf durch und horchte, ob ihm irgendetwas auffallen würde, ein irritierendes Motorgeräusch oder sonst ein alarmierender Ton. Die Nadel des Drehzahlmessers schnellte bis ans Limit. Er nahm den Fuß vom Gas, alles war okay, ein tiefes, kräftiges Grummeln.
Auf seinen Porsche konnte er sich verlassen.
Er raste über die feuchten Straßen, er kannte jedes Schlagloch auf der Strecke, jede Kurve, er wusste genau, wie er sie anzugehen hatte. Heute war so wenig Verkehr, dass er die eine oder andere im Drift würde nehmen können, die Landsweiler Spitzkehre sogar im Power-Slide.
Dass er so schnell fuhr, bedeutete nicht, dass er es eilig hatte. Er hatte es nicht eilig. Die Bar war den ganzen Nachmittag geöffnet. Er hatte aber nicht vor, sich unten zu zeigen. Er würde gleich oben klingeln, an Heiligabend war sowieso nicht viel los. In der Wohnung, vor allem in der Küche war es viel gemütlicher.
Der Dunst klebte wie dünngezogene Zuckerwatte an den Bäumen. In den Senken war der Nebel an manchen Stellen so dicht, dass er ganz vom Gas musste. Das kostete Zeit.
Siebzehn Minuten war sein Rekord.


Auszug aus der Erzählung "Power Slide"

 
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